Dr. Serena Gambarelli

Holzgebäude lange erhalten

10. Januar 2021 / HKom+kur

Dr. Serena Gambarelli, ehemalige Postdoktorandin der Fakultät und jetzt an der Materialprüfungsanstalt Universität Stuttgart (MPA), möchte das hygro-thermo-mechanische Verhalten von Holz verstehen und modellieren. Sie wurde mit ihrem Projekt in das Eliteprogramm für Postdocs der Baden-Württemberg Stiftung aufgenommen.
[Bild: SG]

Holz kommt nicht nur in vielen Ingenieurbauwerken, sondern auch in Kulturgütern wie Skulpturen oder Gemälden zum Einsatz. Wird das komplexe organische Material Feuchtigkeits- und Temperaturschwankungen oder mechanischen Einwirkungen ausgesetzt, kann dies zu einer Schädigung und Beeinträchtigung der Dauerhaftigkeit führen. Dr. Serena Gambarelli an der Materialprüfanstalt der Universität Stuttgart möchte das komplexe hygro-thermo-mechanische Verhalten von Holz besser verstehen und modellieren, um Strukturen, historische Gebäude und Artefakte erhalten zu können. Für Ihr Projekt konnte sie eine Förderung im Rahmen des Eliteprogramms für Postdoktorandinnen und Postdoktoranden der Baden-Württemberg Stiftung einwerben.

Im Rahmen ihrer Forschungstätigkeit beschäftigt sich Serena Gambarelli mit der rechnergestützten Mechanik von diversen Baustoffen und Bauteilen. Ihr Schwerpunkt ist die Entwicklung zuverlässiger numerischer Werkzeuge für die Analyse der wichtigsten Schädigungsprozesse in heterogenen Materialien wie zum Beispiel Beton, Naturstein, Mauerwerk oder Holz, die durch unterschiedliche Belastungsarten und Wechselwirkungen hervorgerufen werden. Um den Einfluss der Materialheterogenität auf das Verhalten auf der Makroebene besser zu verstehen, werden auch Modellierungen auf der kleineren Meso-skala eingesetzt. 

Betonmodell als Vorbild

Um nun das komplexe hygro-thermo-mechanische Verhaltens von Holz besser zu verstehen, setzt Gambarelli an einem 3D hygro-thermo-mechanische Modell an, das im Rahmen einer Vorstudie am Institut für Werkstoffe im Bauwesen der Fakultät ursprünglich für Beton konzipiert wurde. Dieses entwickelt sie nun so weiter, dass damit die durch mechanische- und Umweltbelastungen induzierten Schädigungen in Holz untersucht werden können. Das derzeit vorgeschlagene Modell besteht aus einem mechanischen und einem nicht-mechanischen Teil (Transport von Feuchtigkeit und Wärme). Es wird im Rahmen der Kontinuumsmechanik unter Berücksichtigung der Grundprinzipien der irreversiblen Thermodynamik formuliert. 

Als Methode zur Reduktion der Gleichungen (Diskretisierung) werden Standard-Finite-Elemente (FE) mit zwei Koordinatensystemen, dem globalen und dem lokalen, verwendet. Das globale Koordinatensystem definiert die Orientierung der Jahresringe im Baumstamm, die FE-Diskretisierung dagegen wird im lokalen Koordinatensystem durchgeführt. Im Gegensatz zu den meisten mesoskaligen Modellen erkennt das vorgeschlagenen Modell bei gegebener Ringbreite automatisch die Position der einzelnen Ringe im FE-Netz. Der mechanische Teil des Modells basiert auf dem „Microplane“-Modell, einem Modell zur Schadens- und Bruchanalyse in Beton, das auf Holz übertragen wird. Dabei wird zum einen die Richtungsabhängigkeit der Eigenschaften im Holz (Anisotropie) berücksichtigt, zum anderen die hohe Festigkeit des Holzes in Längsrichtung (Faserrichtung). Dazu kommt eine Funktion über die Ringbreite, welche die Tatsache berücksichtigt, dass die Steifigkeit von jungem Holz geringer ist als die Steifigkeit von altem Holz. 

Schutz vor aggressiven Umweltbedingungen

Der nicht-mechanische Teil des Modells berücksichtigt den Transport von Wasser und Wärme durch anisotropes Material, also Material, dessen physikalischen, mechanischen und chemischen Eigenschaften richtungsabhängig sind. Eine Rolle spielen dabei der Transport durch feste Holzfasern sowie durch Poren. 

Auf der Grundlage eines objektiven, physikalisch basierten mathematischen Modells werden weitere Erkenntnisse über das hygro-thermo-mechanische Verhalten von Holz gewonnen. Dies soll bei den Untersuchungen von Schäden an sowohl neuen wie auch an bestehenden Strukturen aus Holz effektiv eingesetzt werden. Darüber hinaus können durch umfangreiche Parameterstudien Regeln formuliert und abschließend auf der Grundlage des entwickelten Meso-Modells relativ einfache Makro-Modelle für Holz vorgeschlagen werden. So soll die Lebensdauer von Holzstrukturen, die aggressiven Umweltbedingungen ausgesetzt sind, nachhaltig erhöht werden.

Internetauftritt MPA-Abteilung Mineralische Baustoffe

Kontakt Dr. Serena Gambarelli, +49 711 685-62753, Materialprüfungsanstalt Universität Stuttgart MPA, Pfaffenwaldring 2, D-70569 Stuttgart
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