Prof. O. Röhrle, IMSB

ERC Advanced Grant für Dekan Röhrle

29. April 2022 / Ulrich Rentschler/HKom

Fakultät punktet mit Projekt an der Schnittstelle von Biomechanik und Simulationswissenschaft

Gleich zwei Wissenschaftler der Universität Stuttgart wurden iIn der aktuellen Ausschreibungsrunde des Europäischen Forschungsrats (ERC) mit je einem der renommierten ERC Advanced Grants ausgezeichnet und erhalten für ihre Projekte Fördermittel in Höhe von jeweils bis zu knapp 3,5 Millionen Euro: Neben Prof. André Bächtiger, der als erster Sozialwissenschaftler an der Universität Stuttgart einen ERC-Grant einwerben konnte,  war auch der Dekan der Fakultät 2 erfolgreich Prof. Oliver Röhrle möchte in seinem Projekt „qMOTION“ mit Hilfe der Quantentechnologien die neuromuskuläre Ansteuerung während einer Bewegung entschlüsseln und darf bereits den zweiten ERC-Grant (nach einem ERC starting grant) sowie einen ERC Proof-of-Concept Grant für sich verbuchen.

Prof. Ressel, der Rektor der Universität Stuttgart, kommentiert: „Dass mit den ERC Advanced Grants sowie dem ERC Starting Grantin den ersten Monaten diesen Jahres bereits drei wichtige Auszeichnungen des Europäischen Forschungsrats an die Universität Stuttgart gingen, freut uns sehr und ich gratuliere den Wissenschaftlern sehr herzlich. Die Grants untermauern die Stärke der Universität Stuttgart in der Grundlagenforschung über alle Disziplinen hinweg und damit die Position der Universität Stuttgart als weltweit anerkannte Forschungsuniversität. Zugleich bestätigen die Grants die strukturbildenden Entwicklungen der letzten Jahre in den Profilbereichen Quantentechnologien, Simulationswissenschaft, Biomedizinische Systeme sowie in den Sozialwissenschaften.“

 

Projekt qMOTION - Simulation-enhanced Highdensity Magneto-myographic Quantum Sensor Systems for Decoding Neuromuscular Control During - Prof. Oliver Röhrle

Muskeln bringen Lebewesen nicht nur in Bewegung, sie können auch als Schnittstelle zwischen dem Gehirn und der Umwelt dienen. Als solche bieten sie einen Blick in das Gehirn, um zum Beispiel die Ansteuerung von Muskeln zu untersuchen. Könnte man diese neuromuskulären Signale entschlüsseln, würde dies in der Medizin völlig neue Chancen in Diagnose und Behandlung eröffnen, sowie neue Methoden für Training und Rehabilitation ermöglichen. Dies erfordert jedoch gänzlich neue Ansätze. 

„Wir brauchen zum Beispiel Technologien, die gleichzeitig Informationen über die Rekrutierungsmuster und den Funktionszustand des Muskels erfassen“, erklärt Prof. Oliver Röhrle, Direktor am Institut für Modellierung und Simulation Biomechanischer Systeme der Fakultät sowie Forschungsleiter im Exzellenzcluster Daten-integrierte Simulationswissenschaft (SimTech) der Universität Stuttgart. „Genau dies ist auch die Vision von qMOTION, die darin besteht, die neuronale Aktivierung von Skelettmuskeln mithilfe von Quantensensoren und datengesteuerten Simulationsansätzen präzise und nichtinvasiv zu entschlüsseln.“

Magnetfeldmessungen unter dynamischen Bedingungen: (A) Basis für das biomechanische Simulationsmodell, (B) Simulation des Magnetfeldes, (C) Anordnung der Sensoren (Magnetometer) in einer gitterähnlichen Struktur und (D) erste Messungen unter isometrischen Bedingungen.

Bisher untersucht man das menschliche neuromuskuläre System, indem man das elektrische Potenzial des Muskels misst und verarbeitet. Dies hat jedoch den Nachteil, dass aufgrund der elektrischen Eigenschaften des Körpers das Signal „verzerrt“ und es schwierig ist, die bis zu 1000 Quellen solcher Potentiale zu identifizieren und voneinander zu trennen. Magnetische Felder dagegen durchdringen biologisches Gewebe ohne Formänderungen. Für die Messung des Magnetfelds sind jedoch hochempfindliche Magnetometer erforderlich. Diese stehen mit den neuen Quantensensortechnologien erstmals zur Verfügung. „qMOTION ebnet den Weg für ein völlig neues Forschungsfeld“, ist Röhrle optimistisch. 

In qMOTION werden die Forschenden kommerziell erhältliche Magnetometer verwenden. Erste Studien zeigen, dass die Untersuchung des Magnetfelds eine vielversprechende Option ist, insbesondere, wenn ein so genanntes High Density-magnetomyographisches (HD-MMG) Messsystem existiert, also ein Messsystem, das aus einer gitterähnlichen Anordnung von bis zu 100 Sensoren besteht. (vgl. Abbildungen C und D).

Der Fokus von qMOTION ist der Aufbau eines HD-MMG Messsystems für die Entschlüsselung der neuromuskulären Aktivität während der Bewegung. Letzteres ist nur möglich, da HD-MMG-Daten auch geeignet sind um neuartige funktionelle Bildgebungsmethoden zu entwickeln. Röhrles interdisziplinärer Werdegang mit seinen Forschungsgebieten in der Angewandten Mathematik und in der Biomechanik ist für das Projekt eine hervorragende Basis. Mit dem Exzellenzcluster SimTech und sowie dem Zukunftscluster „Quantensensoren der Zukunft“ (QSens) existiert an der Universität Stuttgart zudem ein ideales Umfeld für diese innovative Forschung. 

Über die ERC Advanced Grants

Die Projekte und Zuschüsse des Europäischen Forschungsrats sind in Kategorien aufgeteilt: ERC Starting Grants, ERC Consolidator Grants, ERC Advanced Grants und ERC Synergy Grants. ERC Advanced Grants zählen zu den renommiertesten Forschungspreisen weltweit und richten sich an etablierte Forschende mit einer herausragenden wissenschaftlichen Leistungsbilanz. Mit Prof. Bächtiger und Prof. Röhrle sind nun 12 laufende ERC-Grants an der Universität Stuttgart angesiedelt, davon fünf Advanced Grants.

Kontakt

Prof. Oliver Röhrle, Ph. D., Universität Stuttgart, IMSB, Pfaffenwaldring 5, 70569 Stuttgart, +49 711 685-66284, roehrle@simtech.uni-stuttgart.de

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